Vinzenzkapelle Somborn

Vinzenzkapelle Somborn
Vinzenzkapelle Somborn
Vinzenzkapelle Somborn
Vinzenzkapelle Somborn

Ähnlich wie beim Josefsbrunnen ist auch bei der Planung und Umsetzung für den Bau der Kapelle Pfarrer Giegrich die impulsgebende Person. Leider verstarb er am 28.12.1903 und erlebte die Fertigstellung der Kapelle nicht mehr. Sie wurde am 4.10.1904 durch Pfarrer Damian Dangel geweiht und hat Vinzenz von Paul als Titelheiligen. Die Kapelle ist direkt mit dem ehemaligen Schwesternhaus (heute Pflegeheim) verbunden. Den Hauptzugang erreicht man über die Vinzenzstraße in Richtung Kindergarten.
Pfarrer Dangel beantragte im Generalvikariat in Fulda die Genehmigung, das Allerheiligste in der Hauskapelle der Vinzentinerinnen aufbewahren zu dürfen. Die Genehmigung dazu wurde in einem päpstlichen Schreiben, das am 12.08.1905 in Rom ausgestellt wurde und am 14.08.1905 in Fulda eintraf, erteilt.
Im Innenraum befindet sich neben Sitzbänken für ca. 40-50 Gottesdienstbesucher der Altarbereich mit Tabernakel, sowie ein Kreuzweg mit 14 Stationenbildern. Vervollständigt wird der Innenraum durch die heute noch erhaltenen bunten Kirchenfenster, die alle von Bürgern aus Somborn gestiftet wurden. Weitere, wenige, Sitzplätze finden sich auf der Empore, wo auch die immer noch funktionsfähige Orgel ihren Platz hat.

Seit Fertigstellung wurde dort regelmäßig die heilige Messe gefeiert, zuletzt meist von Monsignore Norbert Zwergel und davor vom Ruhestandspriester Strieder. Im Türmchen der Kapelle hängt die älteste noch erhaltene Somborner Glocke. Sie wurde 1892 von der Glockengießerei Ulrich in Apolda gegossen. Geweiht ist sie der Gottesmutter und zeigt ein Marienrelief mit der Inschrift „AVE MARIA“. Sie hat eine Größe von 30-40 cm und hat immerhin zwei Weltkriege überlebt, in denen üblicherweise alle Glocken abgegeben werden mussten, um eingeschmolzen zu werden. Da sie mit einem Glockenseil geläutet werden kann, wäre es leicht möglich, sie wieder einzusetzen.

Weil die Vinzenzkapelle eng mit der Geschichte der Vinzentinerinnen hier in Somborn verbunden ist, wird nachfolgend von deren Historie berichtet werden. Sie haben die Gemeinde, insbesondere die Pfarrgemeinde, über Jahrzehnte mitgeprägt und mitgestaltet. Ihnen hat Somborn den ersten Kindergarten, das Pflegeheim und die ambulante Versorgung von Kranken und Sterbenden zu verdanken.

Die Geschichte der Niederlassung der Vinzentinerinnen in Somborn

2013 ging eine fast 120-jährige Ära in Freigericht zu Ende. Die letzte der noch verbliebenen Niederlassungen der barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul in Somborn wurde aufgelöst. Hauptgrund war der Mangel an Schwesternnachwuchs, aber auch, dass das dazugehörige Alten- und Pflegeheim in den letzten Jahren rote Zahlen schrieb und sich ein größerer Investitionsstau angehäuft hatte.
Der Wunsch, in Somborn eine Niederlassung der Vinzentinerinnen zu gründen, geht ins Jahr 1890 zurück und ist wieder einmal Pfarrer Giegrich zu verdanken. Er wurde in seinem Plan vom damaligen Bürgermeister Josef Kraut unterstützt und erhielt dafür auch gleich einen finanziellen Zuschuss von 4000 Mark. Weitere, auch finanzielle Unterstützung, erhielt Pfarrer Giegrich von der auf Hof Trages lebenden Freda Sophie Karoline von Savingny, der Witwe des Legationsrates Karl Friedrich von Savingny. Dieser war preußischer Minister im Bundestag in Frankfurt und wie seine Frau zum katholischen Glauben konvertiert. Als Mitbegründer der Zentrumspartei war er ein Gegner des Reichskanzlers Otto von Bismarck. Er verstarb 1875. Frau von Savigny, eine geborenen Gräfin von Armin-Boitzenburg, bezahlte den Bauplatz für das neue Schwesternhaus in Höhe von 1.350 Mark und stellte weitere 10.000 Mark für den Neubau zur Verfügung sowie einen großen Betrag für den Kapellenbau. Die Kirchengemeinde steuerte 4000 Mark bei, wofür ein Kredit bei der Bank aufgenommen werden musste. Mit diesen Summen im Hintergrund beantragte Pfarrer Giegrich den Bau in Fulda und erhielt im Februar 1893 die Genehmigung dazu. Ein Hanauer Architekt entwarf den Bauplan, der auch einen Gebetssaal für die Schwestern vorsah.

Im Sommer 1894 war der Bau fertiggestellt und im Oktober zogen die ersten Schwestern ein. 

Eigentümerin des Grundstücks und des Schwesternhauses war seit 1984 die Kirchengemeinde Somborn, die 1953 den Vinzentinerinnen das uneingeschränkte Nutzungsrecht für die Zeit der Unterhaltung eines Altenheimes und eines Kindergartens überließ.
Am 1. Januar 2013 übernahm der neue Besitzer, die St. Vinzenz GmbH, das Alten- und Pflegeheim in einem Erbpachtvertrag.

Die Vinzetinerinnen in Somborn

Im Oktober 1894 zogen die ersten 3 Schwestern vom Mutterhaus in Fulda nach Somborn um. Erste Oberin war Schwester Augustine, geb. Kind. Später kam eine vierte Schwester dazu.

Aufgaben der Vinzentinerinnen in Somborn waren die Einrichtung eines Kindergartens und die Pflege von Kranken und Sterbenden. Gern hätte Pfarrer Giegrich in Somborn auch ein kleines Krankenhaus gebaut. zur Umsetzung des Vorhabens ist es aber nie gekommen.
Ein weiteres Aufgabenfeld der Vinzentinerinnen war es, junge Frauen im Thema Hauswirtschaft zu unterrichten.
Somborn hatte damals 1675 Katholiken. Dazu kamen nochmal 2170 Gläubige aus Altenmittlau, Bernbach, Neuses und Horbach.

Insgesamt waren 57 verschiedene Vinzentinerinnen in Somborn tätig. Wie sehr ihre Arbeit wertgeschätzt wurde, zeigt auch die Tatsache, dass in der Zeit seit Bestehen des Schwesternhauses 21 junge Frauen aus Somborn dem Orden der Vinzentinerinnen beigetreten sind.

Die Oberinnen

Nach Schwester Augustine (1894 bis 1908), die den Aufbau der Niederlassung organisierte und für ihre Verdienste sogar den Orden der deutschen Kaiserin Auguste Viktoria erhielt, kam Schwester Agfra von1909 bis 1920. Sie richtete während des Ersten Weltkriegs ein Hilfslazarett für Kriegsverwundete ein.
Von 1920 bis 1949 war Schwester Heribert Oberin. Dazwischen übernahm von 1934 bis 1935 Schwester Hyazintha die Leitung. Von 1949 bis 1955 hieß die Oberin Merola. Auch sie war hauptsächlich in der Pflege tätig. Es folgte von 1955 bis 1961 Schwester Veronika und dann nochmals für 1 Jahr Schwester Merola. Danach hießen die Oberinnen Gundera, Maria Elfriede und Renata. Alle waren für die Leitung des Pflegeheims zuständig. 1991 kam Schwester Lucia als letzte Oberin nach Somborn.

Der Kindergarten

Eine der wichtigsten Aufgaben der neuen Niederlassung neben der Pflege von Kranken war die Gründung und Unterhaltung eines Kindergartens. Bereits 1896 wurden die ersten Kinder dort betreut. Die Familien lebten damals meist in Großfamilien mit mehreren Generationen und vielen Kindern. Die Frauen mussten in der Landwirtschaft arbeiten oder infolge der Industrialisierung in der Zigarrenindustrie. Die Unterbringung der Kinder im Kindergarten war für sie eine große Erleichterung und nebenbei wurden die Kinder auch in ihrer Entwicklung gefördert.

Zunächst gab es für diesen Zweck zwei große Räume im Schwesternhaus, später kam gegenüber der Kapelle ein Außenspielplatz mit offener Halle dazu. Anfang der 1960er Jahre war die Unterbringung nicht mehr zeitgemäß und vor allem der Bürgermeister Georg Kreis und sein Stellvertreter setzten sich für einen modernen Neubau ein. Nach intensiven Gesprächen, an denen auch Bischof Adolf Bolte teilnahm, wurde 1963 vereinbart, dass die politische Gemeinde Somborn den Bau des neuen Kindergartens übernehmen sollte. Als Standort wurde das Gelände westlich des Schwesternhauses ausgewählt. Der Architekt Leipold aus Frankfurt plante 4 Gruppenräume für je 25 Kinder und dazugehörige Nebenräume. Dafür mussten weitere Grundstücksflächen dazugekauft werden.
Der Neubau kostete 300.000 D-Mark wovon die politische Gemeinde 158.000 D-Mark, der Kreis 17.000 D-Mark und das Land Hessen 125.000 D-Mark aufzubringen hatten. Die Inneneinrichtung wurde von der Diözese Fulda, dem Landeswohlfahrtsverband, der Firma Dunlop und von Somborner Bürgern bezahlt. Mit der Bauausführung wurden überwiegend einheimische Handwerksbetriebe beauftragt.

Ein dunkles Kapitel soll nicht unerwähnt bleiben: In der NS-Zeit von 1941 bis 1945 wurde auf Betreiben des Gauleiters Weinrich und durch den Regierungspräsidenten Montbart angeordnet, dass alle konfessionellen Kindergärten der NSV (nationalsozialistische Wohlfahrt) zu überlassen sind, um die Kinder im Geiste des Nationalsozialismus zu erziehen. Trotz scharfen Protestes und Widerstandes von Bischof Johannes Dietz und Pfarrer Dangel erfolgte im August 1941 die Übergabe an die sogenannten „braunen Schwestern“. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges übernahmen dann wieder die Vinzentinerinnen die Leitung des Kindergartens.

Die letzte Ordensschwester, die den kath. Kindergarten leitete war Schwester Maria Salve. Sie war von 1964 bis 1994 in Somborn tätig. Seitdem ist der Kindergarten in der Trägerschaft der Kirchengemeinde.

Die ambulante Pflege

Wesentlichen Anteil am Erfolg der ambulanten Pflege hatte Sr. Josefine, die 30 Jahre lang (von 1982 bis 2012) Kranke und Sterbende in ihrem Zuhause besucht und versorgt hat. Zusammen mit Hilde Klein hat sie die Sozialstation in Somborn (gegründet 1974), die sich gegenüber der Sankt Anna Kirche befindet, zu einem professionellen Dienstleistungsbetrieb in der Pflege ausgebaut und für dessen ausgezeichneten Ruf mit beigetragen. 

Nach dem plötzlichen Tod von Pfarrer Ulrich Schäfer wurde die Sozialstation 2019 in die Trägerschaft der Caritas übergeben.